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Andreas Koll, Karl Valentin und Wiggerl Greiner

Auf den Spuren des berühmten Karl Valentin

Der Ort Garching an der Alz scheint eine besondere Verbindung zu dem bekannten bayerischen Komiker Karl Valentin aufgebaut zu bauen. War schon die Garchingerin Grudrun Köhl, die kürzlich verstarb, langjährige Leiterin des „Valentin-Karlstadt-Musäums“, so steht auch Andreas Koll, ebenfalls ein Sohn der Gemeinde Garching, als ehemaliger Archivar und Sammlungsleiter des „Musäums“ gleichsam in direkter Verbindung mit Karl Valentin und seinem Leben. Pünktlich zum 75. Todestag von Karl Valentin, dem 9. Februar, erschien nun ein Buch von Andreas Koll, das zwar nicht Valentin selbst aber dem „Erfinder des Karl Valentin“, dem Münchner Gastwirt und Künstler Wiggerl Greiner gewidmet ist. Denn ohne Wiggerl Greiner wäre aus dem spindeldünnen Zitherspieler Karl Valentin nie das unvergessliche Original geworden.

Beide waren sie waschechte Münchner und verbrachten dort in verschiedenen Stadtteilen ihre Kindheit und Jugend. Im Jahr 1880 wurde Ludwig „Wiggerl“ Greiner als Sohn eines Gastwirtsehepaares im damaligen „Henkergassl“, heute Pestalozzistraße, geboren. Bereits als Kind entwickelte der Wiggerl eine große Freude am Zeichnen und auch an der Musik. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er gerne eine Malschule besucht. Doch er sollte in die beruflichen Fußstapfen des Vaters treten, musste den Metzgerberuf erlenen und machte auch noch eine Ausbildung zum Weinküfer. Später übernahm er mit seiner Ehefrau Therese die Gastwirtschaft „Zum Feuerhaus“ am Oberanger neben Münchens Hauptfeuerwache. Er entwickelte sich zwar zu einem „Wirt mit Leib und Seele“ und sorgte infolge seines lustigen Naturells bestens für die Unterhaltung seiner Gäste, aber sein Zeichenstift begleitete ihn weiterhin, sogar an der Vogesenfront im ersten Weltkrieg. In allen Lebenslagen war Wiggerl Greiner von einem bewundernswerten Humor geprägt, der auch in seinen Zeichnungen und Karikaturen zum Ausdruck kam. Nach dem ersten Weltkrieg blieb er zwar immer noch Gastwirt und trat auch als Unterhaltungsmusiker auf, arbeitete daneben aber vermehrt als Illustrator für Zeitungen und Werbeanzeigen sowie als Kulissenmaler für Theater und Film.

Im Jahr 1907 lernten sich Wiggerl Greiner und Karl Valentin in München kennen. Karl Valentin, der 1882 als Sohn eines Möbelspediteurs unter dem Namen „Valentin Fey“ in der Au geboren wurde, erlernte zunächst das Schreinerhandwerk, musste jedoch nach dem Tod des Vaters die Möbel-Spedition übernehmen. Hierbei zeigte Valentin, der immer schon Unterhaltungskünstlerwerden wollte, kein glückliches Händchen und führte den Betrieb in den Bankrott. Für einige Jahre zog er dann mit seiner Mutter in deren sächsische Heimat Zittau. Als er 1907 nach München zurückkam, logierte er zunächst im Gasthaus „Stubenvoll“ am Unteranger und verdiente seinen Lebensunterhalt als Zitherspieler in diversen Gaststätten. Zu dieser Zeit nahm er auch seinen Künstlernamen „Karl Valentin“ an. In den Jahren nach der Jahrhundertwende gab es in München rund 800 Unterhaltungskünstler vom Schlag Karl Valentins und die Wirtshauskultur wurde lebhaft gepflegt, denn „zum Lachen“ ging man damals ins Wirtshaus.

Wiggerl Greiner erkannte nach den ersten Kontakten mit Karl Valentin recht bald, dass in diesem schlaksigen Kerl ein echtes Original schlummert. Die Kreativität Greiners machte Karl Valentin zu der Figur des „armen hageren Mannes“, der noch heute unvergessen ist. Mit dieser Figur schaffte Karl Valentin seinen künstlerischen Durchbruch und „wurde zum Star“ wie Andreas Koll in seinem Buch zitiert. Mit Greiner fand Valentin nicht nur seinen bester Freund sondern auch einen direkten Wegweiser zum Erfolg und zur Popularität. Allein schon seine Plakate, die Karl Valentin mit „Steckerlhaxen“ und mit einem „überlangen Zinken“ zeigten, machten die Leute damals neugierig. Greiner gelang in seinen Bildern nicht nur eine Wiedergabe des außergewöhnlichen „Gestells“ Valentins, er fing auch dessen unvergleichliche Mimik in seinen Zeichnungen ein. Zugleich erwies sich Greiner als unentbehrlicher Ideengeber und Mitarbeiter bei einigen gemeinsamen Projekten.

Doch das Künstlerpotential Wiggerl Greiner hatte noch mehr zu bieten als Valentin-Plakate. Er wandte sein großes Zeichentalent auch für Verkaufs- und Werbeplakate an, entpuppte sich bei einigen Bildern auch als skurriler Zukunftsvisionär, zum Beispiel mit dem „Knödeldreherroboter“ oder dem „Hosenfleck-Aufnäh-Elektronen-Roboter“, aber zugleich auch als realistischer Zeitzeuge, der einen „Zeitspiegel in Bildern“ schuf. Beeindruckende Malereien der alten Münchner Vorstädte vermitteln ebenso das Können Wiggerl Greiners und dessen geschickten Umgang mit Farbe und Pinsel. Selbst im Kriegseinsatz während des ersten Weltkrieges hatte Greiner sein „Künstler-Set“ stets griffbereit und hielt damit seine Eindrücke fest. Doch generell ließ Wiggerl Greiner bei seinen Zeichnungen und Bildern das „Urviech“ raus, das ihm eigen war und das seine Persönlichkeit auch unverkennbar prägte. Wiggerl Greiner und Karl Valentin verschmolzen während ihrer gemeinsamen Jahre zu einer Symbiose wie sie nur selten vorkommt. „Sie waren aus demselben Holz geschnitzt und inspirierten sich gegenseitig, ein Leben lang. Ohne Liesl Karlstadt, sagt man, sei ein Karl Valentin nicht denkbar, ohne Wiggerl Greiner auch nicht“ ist Buchautor Andreas Koll überzeugt. Das künstlerische Erbe Greiners veranlasste Andreas Koll dazu, dem großen Münchner Zeichner und Maler 2020 in Innenhof des Valentin-Karlstadt-Musäums eine eigene Ausstellung zu widmen. Mit seiner Buchpublikation „Der Erfinder des Karl Valentin  - Wiggerl Greiner“, erschienen im Allitera-Verlag, lenkt er die ganze Aufmerksamkeit auf das künstlerische Schaffen des humorvollen Münchners, lässt ihn verdienterweise aus dem Schatten des berühmten Karl Valentin heraustreten und Greiners Werk auf beeindruckende Weise neu entdecken.

In seinem Buch „Der Erfinder des Karl Valentin“ stellt der ehemalige Sammlungsleiter des Valentin-Karlstadt-Musäums Andreas Koll das „Urviech“ Wiggerl Greiner und dessen künstlerisches Schaffen vor.

 

 

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